Wattwylischer Vertrag sonderlich den Weibertauff, beschawung Wehr und Waaffen antreffendt.
(Der Wattwiler Vertrag von 1621)
Wir hernach benante Christoph Schorno, des Raths unnd alt Statthalter zuo Schwyz. Adam Böninger, des Raths unnd alt Landtamman zuo Glarus. beid von unseren gnedigen Herren unnd Oberen der gesagten beiden loblichen Orthen verordnete Rathsbotten unnd Schidlüth in den hernach volgenden sachen unnd spänen sich haltend enzwüschen den Hochwirdigen Fürsten unnd Herren, Herrn Bernharten, Abbten des Würdigen Gottshaus Sant Gallen, unserem gnedigen Herren. Und dann den Ehrbaren Amman und ganzer Gmeind zum Wasser, Auch in etlichen anderen sachen den ubrigen Gmeinden oder theils derselbigen us der Graffschafft Toggenburg an dem anderen. Nach dem unnd hochgedacht jhre Fürstlich Gnaden bey disen so gefährlichen zeyten rathsam zuosin geachtet, alles Volck, so jrer Fürstlich Gnaden unnd dero Gottshaus Sant Gallen underworffen sowol in der Graffschafff Toggenburg als in der Alten Landtschaffl und anderstwo uff gewissen Plätzen in jhren Wehren unnd Waffen zubesichtigen unnd zu Musteren unnd solches den ersthingeflosnen Sommer würckhlichen an die hand genommen ouch allenthalben wol verrichtet.
Da aber die zuvor angeregte Amman und Gmeind zum Wasser sich hochgedacht jrer Fürstlich Gnaden willen und befelch, als solte solches jren Fryheiten und gebrüchen entgegen sin, widrig erzeigt, uf dem verordneten Platz nit erschinen, jre Waaffen selbsten beschawet und anders für sich genommen. Darab mehr hochgedacht jr Fürstlich Gnaden ein ungnediges missfallen gehabt, Unnd derentwegen sie die Gmeindtslüth allen samtlichen mit ordenlichen rechten vor Landtgericht im Toggenhurg umb den Fräffel besuocht unnd umb die ungehorsammi straffen lassen, Jnmassen dann sie die Landlüth zum Wasser jrer Fürstlichen Gnaden zuo gwüsser buoss und straff, namlichen jeder so achtzehen Jahr und darob alt umb dryssig pfund Haller rechtlichen erkennt worden. Die aber unsere gnedige Herren unnd Oberen beider obgesagter Ohrten Schwyz unnd Glarus ganz trungenlichen angerüfft unnd gebetten, by hochgedachter jrer Fürstlichen Gnadcn mit fürgeschriffì unnd von mund umb etwas milterung erkennter straff (wider welche sie doch sonsten nit zesin oder zefechten gemeint) anzuohalten unnd zuobitten, haben letstlich offt hochermelte jr Fürstlich Gnaden sich so wyt unnd dahin gnediglich bewegen lassen.
Und erkhlährt ferners, Diewyl sich kurz abgewichner zeyt zuogetragen, das etliche der Landtlüthen, so der Catholischen Röm. Religion nit beygethon, vermeint, die jungen Kinder, so von schwachheit halben nit mögen zuo der Kirchdieneren oder anderen Manspersohnen handen gebracht werden, den heiligen Tauff ehe gar nit dann von eines Wybs hande empfangen soltend, Welches aber jr Fürstlichen Gnaden und ein Ehrsamer Landtsrath in Toggenburg als ein sach, so zuovor nie erhört unnd gebrucht, durch offentliche Mandaten abgemanet. So dann uber diseren Puncten noch andere etliche Articul, sy solche oder theils diser hernach benanten Gmeind beschweren wollen, wie dann solche hernach angeregt unnd verschriben sind.
Also habend Wir die obgenante beide allen unseren möglichsten flyss unnd arbeit angwendt unnd gebrucht, das solche fürgewendte Articul zuo einer guoten rüwigen erlütherung gebracht Unnd ferner wytleuffigkeit vorgeweret werden mochte. Unnd uff solch end hin bey jr Hoch Fürstlich Gnadcn zuo Sant Gallen und dero Räthen die Puncten unnd Articul gestelt unnd abgesetzt, Welche Articul nach genz als uff hütigen tag alhie zuo Wattwyl von Uns erlütert und von beiden Partyen bestethiget angenomen unnd ohne fernere inred arguieren unnd disputieren fünd und griff, styff unnd stäth unverbrochentlichen zuohalten versprochen worden. Deren Artickhlen wie dieselbigen gestelt unnd erlüthert auch verlobt Buochstaab und inhalt hernach von wort zuo wort also luthet:
[1.] Namlichen: Des ersten Articuls halben wegen der Wyber Tauff: Soll alles gehalten und gebrucht werden wie von alterharo und des orths kein nüwerung gemacht werden luth des Landtsfridens.
[2.] Zum anderen: Die Kleger Jr Fürstlich Gnaden betreffende: Solle Jr Fürstlich Gnaden frey stohn, sich der gewohnlichen zuovernügen oder denselbigen etwan Bystand zuoverordncn. Doch habend sich Jr Fürstlich Gnaden gnedig bewilliget, dieselben Bystand ohne jr der Underthonen kosten zuohaben.
[3.] Zum dritten: Wegen der Bystenden: Lasset man es bey dem Rapperschwyliachen Vertrag luth Buochstabens verblyben.
[4.] Zum vierten: Wegen beschauwung der Wehren unnd Waaffen: Nach dem sich die zum Wasser unnd Nesslauw ergangnem Rechten zuoergeben unnd zuounderwerffen erklärt. auch den fähler der ungehorsamme erkent, Darauf aber umb gnad unnd etwas nachlaas oder milterung der erkanten straff gebetten. habend Jrer Fürstlich Gnaden verordneti jnen nachzuolassen bewilliget, Jeder Persohn fürzehen pfund Haller, Und das beiden Loblichen Orthen Schwyz unnd Glarus und derselben Ehrengesandten zuo Ehren und gfallen. Es wellend aber Jr Fürstlich Gnaden den jenigen, so sich par und guotwillig mit der straff instellend, mehrere gnad zuothuon nit abgeschlagen haben, Doch ohne verbindnus.
[5.] Zum fünfften: die jenigen, an die Jro Fürstlich Gnaden oder dero Amptlüth je zuo zeyten wegen begangner fräflen etwas habe zuosprechen: Solle jeder gesuocht werden, wo er gesessen, ja in denen dingen, so fùr nider Gercht gehörig, zuoberechtigen, alles nach innhalt der Abscheiden, Verträgen, Fryheiten unnd altem Harkomen. Darüber dann die Richter schuldig sin söllen, uff jre Eid zuoerkennen, was recht ist, Und nit eintweder gnad ertheilen oder gar nichts us den freflen machen. Jm widrigen und so sie nit also urteilten nach jren Eiden, luth dem Libell, Offnung und Mandaten, mag Jr Fürstlich Gnaden solche fräfel mit sampt den Richteren wol gebürender massen abstraffen.
[6.] Zum sechsten: Von wegen der Leybeigenschafft: Lasst man alles verblyben, in der wys. wie es von alter Harkomen. ouch Brieff unnd Sigel uswysend. Und söllend die Underthonen thuon, was sye schuldig, wyters wirdt man jnen nit zuemuoten.
[7.] Zum sibenden: ist billich unnd recht, das ein Hochi Oberkeit durch sich oder jre Oberamptlüth den Vogtey oder Weisli rechnungen beywohne, wie dann ein solches im Land Toggenburg ueblich harkomen unnd brucht worden, Jedoch mit diser erlüthrung: Es sollend die zuo Sidwald im Turthal unnd andere, so harumb befreyet, bey jren alten Fryheiten verblyben, doch den geschwornen Schryber bruchen. Es wellend aber jr Fürstlich Gnaden sovil anordnung thuon unnd verschaffen, das die Weisle mit kösten wider gebür nit beschwert werdend.
[8.] Zum achten: Soll ein Amman des Gerichts im Turtal. unnd ob andere Gmeinden auch solch Fryheit hettend, das Gricht regieren nach vermög jrer Fryheiten und Landtrechtens wie von alterhar. Was aber die ansetzung des Grichts betriflt, wenn unnd wo solches gehalten werden solle, Sollend sich der Gerichtsamman unnd ein Schryber im Turtal allwegen miteinanderen verglychen. So sie es aber nit thetend oder könntend. werden jr Fürstlich Gnaden wol ein gebührendes insehen zethuon wüssen.
[9.] Zum nündten: Die jährige Alpen unnd andere beschrybungen betreffend: Solle sich der Schryberey niemandts dann der geschworne Schryber annemen, doch umb die alte besoldung. Was aber umb ringe unnd tegliche geschefft, so den Alpen fürfallend unnd keines Schrybers nothwendig, niemand schuldig sin zuoverschryben lassen. Sonsten mögend die Alpgnossen nach inhalt jrer brieffen umb jro Alpsachen wol mehren. mindern und inrechnen wie bisharo.
[10.] Zum zehenden: Des Schryberlohns halben wegen der Einhundert Kronen: Hatt sich Herr Statthalter von Wyl anerbotten. sovil zuoverschaffen, das man wol werde können daran komen. Unnd solle sich ein Schryber jeder zyt aller gepür und bescheidenheit beflyssen nach inhalt jrer habenden Fryheiten.
[11.] Zum eilfften unnd leisten: Sollend auch alle verlauffenheiten, reden. thuon unnd lassen, was sich uber obverschribne Articul verloffen unnd zuogetragen haben môchti in diser handlung hiemit uffgehebt, tod und ab sin Unnd darmit niemande weyters ersuocht noch angefochten werden.
Disere an jetzo hieobgesetzte erlüterte Articul alle habend beider Parthyen volmechtige hernach benampt Anwäld angenommen, Und dieselben luth des Buochstabens styff und steth, wie obgemelt zuohalten und darby zuoverblyben, verlobt und versprochen. Namlich in namen und von wegen jhr Hoch Fürstlichen Gnaden von St. Gallen der Ehrwirdig, Hoch- und Wolgelehrt Herr Jost Metzler, Doctor, Conventual des Gottshaus Sant Gallen, Statthalter zuo Wyl und Sant Johann, Von wegen unnd in namen der hernach verschribnen Gmeinden und Landtlüthen, Erstlichen zum Wasser Aman Jacob Tobler, Hans Wickhli, Heinrich Kessler, M. Andreas Edelman; Stein unnd Sant Johann Amman Abraham Loser und Michel Boll; Sitwald Aman Joseph Düler, Amman Heinrich Schärer, Aman Ruodolff Lieberher, Heinrich Holzman, Claus Custer, Uolrich Pösch, Jacob Loser; Wildenhaus Jacob Forer; Wattwyl Amman Georg Mettler, Amman Kûng, Hans Pösch unnd Hans am Büel ...
Ist disere erlüterung, annemung unnd verlobung obgemelter Articuln geschechen, wie die hieobgesetzt unnd vermeldet sind, Den driten Novembris, Nach Christi Jesu hailsamer gepurt gezelt Einitausent Sechshundert und ein und Zweintzig Jahre.
Unnd des alles zuo wahrem Urkund, So habend Wir anfangs gemelte beide Gesandten unsere angeborni Secret Jnsigel offenlich henckhen lassen an dieser brieffen zwen glycher worten unnd inhalts Und jederem theil einer zuogestelt, Doch unsern beider syts Herren und Oberen Unnd Unns in allweg ohnvergryffenlich.