Toggenburger Landfriedensvertrag von 1538
[Toggenburgischer Landfrieden von 1538]
Wir dis hienach genante von Zürich Hans Edlibach, alt Landtvogt im Thurgow, unnd Hans Hab, Landtvogt im Rynthal. Von Luzern Mauricius von Mettenwyl, Spitalmeister und alt Landvogt zuo Sargans. Von Schwitz Ulrich Gupfer, alt Vogt zuo Windeg. Und von Glarus Dlonisius Bussy, alt Landtamman, und Jacob Knobel, alt Vogt zuo Werdenberg, all unserer Herren unnd Obern volmechtig in nachbenempter handlung verordnente Rats Anwelt Thund kund allermengklich mit disem Brieff hieran bekennende.
Demnach sich ein langwiriger span unnd widerwyll gehalten hat Enzwüschen dem hochwirdigen Fürsten und Herren. Hern Diethelmo Abbte, und den Erwirdigen Dechant unnd Capittel des wirdigen Gotzhus Sant Gallen Sant Benedicten Ordens in Constanzer Bistumb gelegen, Das one alle mittel dem Stuol zuo Rom zugehört, an einem Und einem Ersamen Wysen Lantzratt unnd gemeinen Landtlüt der Graffschafft Toggenburg am anderen teyle, Als um den Kouff so die Biderwben Landlüt der Graffschafft Toggenburg vor kurtzen Jaren hievor in dem hartseligen zit verschinen, gethan, Also das unser gnediger Herr von Sant Gallen unnd siner Gnaden Convent was vermeinen, Das die Toggenburger den Kouff zenüttr machen unnd unkrefftig achten unnd schetzen, ouch denselbigen Kouffbrieff hinuss gehen söltent Unnd sin Fürstlich Gnad widerum in dern alte besytzung unnd eigenthumb (nach besag des Landtfridens) insytzen unnd komen lassen Dargegen unnd wyder die Byderwben Landtlüt der Graffschafft Toggenburg sich gesetzt und vermeint, das sy by sollichem gethanen Kouff wellent bliben unnd daby söllent geschirmpt werden vermög jien inhabenden Kouff unnd by Brieffen. Derhalben hierum offt unnd mengmal zuo tagen unnd sunst vyl cost müe unnd arbeit mit Sprüch unnd Verträgen uffgeloffen unnd mengerley darin unfolendet gehandlet. Jedoch zuo letst unser Herren unnd Obern an beden teylen so vyl erhept unnd funden das sy bewilligot nachmaln ein fründtlichen tag zuoleisten. Unnd Wir obgenante Rattes Anwelt us bevelch unserer Herren unnd Obern ernanten güttlichen tag, der zuo hinlegung disers zwyspalts gen Wyl in das Thurgow uff Miftasten hievor verschinen gesetzt, ouch besuocht. Unnd sy zuo bedersyt in nachvolgend Artickel damalen uff hindersich bringen gestellt. betragen und vereinet hand.
[1.] Namlich und zum ersten: Das der Kouff, so die Toggenburger in vergangenen Jaren gethan, daruff sy gehofft, unserem gnedigen Herren von Sant Gallen unnd siner Gnaden Gotzhus nützet zuothuon hin, tod unnd vernicht sin soll. Unnd die Landtlüt der Graffschafft Toggenburg den Kouffbrieff unnd all andere Brieff. so jnen von den fünff Ortten sampt unnd sunders belandende den Kouff zugesant, unseren getrüwen lieben Eydtgnosscn und jren Landtlüten von Schwyz söllen zustellen und hinuss geben Und unsern gnedigen Herren von Sant Gallen als jren Oberherren erkennen unnd sinen Gnaden huidigung unnd pflicht thuon unnd die n jr eigenthumb besytzung unnd gewer komen lassen wie von alterhar.
[2.] Zum andern antreffen den Glouben: Sol unser gnediger Herr von Sant Gallen die byderwbenlut in der Graffschafft Toggenburg by dem Artickel, den sy mit unsern lieben Eydtgnossen von Schwyz, jren Landlüten, in jr beder Friden beschlossen, gentzlich beliben lassen (siner Fürstlichen Gnaden Glüpten unnd sunst mengklichem one schaden unnd nachteil). Wellicher artickel uf die mainig luttet: Wir us der Graffschafft Toggenburg söllen und wellen geschächen lassen. Ob wir Lüt in unserem Land in Kilchhörinen hetten, die werind in ainer ald mer, die den alten waren Cristenlichen ungezwytleten glouben nit verleugnet hetten, Ald ob etlich Personen werind, die den nüwen glouben angenomen und widerumb darvon stan und den alten Glouben Als namlich die helgen siben Sacrament, das Ambt der helgen Mess unnd all ander Cristanlich Cerimonia widerumb ufrichten unnd annemmen welten, das sy das zuothuon wol macht und fryes urlob gwalt haben. Und so Personen werind, wenig oder vil, die Predicanten das göttlich wort zuverkünden begerend, so söllent sy die ouch mögen han unverhindert mengklichs. Und ob ein Predicant ald Messpriester einer des andern Glouben in siner Lere schelten, schmähen ald schmützen wurd, der so von einer Oberkeit mit recht darumb gestrafft werden. Und söllent die Pfruonden Gütter nach Margkzal und gstalt dern Lütten unnd Güttern mit denen Priesteren unnd Predicanien geteilt werden. Unnd zuo guot unnd nutz der Predicanten unnd Messpriestern, das man die destcrbass erhalten mög. So sollen der, Pfruonden Gütter nüt verthan werden. Derhalb sol man denen, so man vornacher rechnung than, järlich darum rechnung gen. Unnd dieseselbigen söllend by jren Eydspflichten fürsechen, das nützit verthan werde Houptguots, Und ob sy das nüt thuon, alsdann soll und mag unser gnediger Herr von Sant Gallen als ein Oberherr mit recht insechung thuon, das nüt verthan wird, Und was Houptguot verthan ist, das soil wider ersetzt werden, darin sollent die Toggenhurger Herrn von Sant Gallen bhulffen unnd beratten sin mit guotten trüwen und mit recht. Und soll das bestan bis an ein allgemein Concilium oder bis ulf ein Reformatz gemeiner Eydtgnoschaft.
[3.] Zum drytlen bereffend die Houptfäll sprechen Wir: So es zuo Fälen kumpt, Das ein Herr von Sant Gallen ein Mann und des abgestorbnen Fründ den andern Mann darzuo geben söllen us denen Gerichten, da der Fal gfallen. Die söllen erkennen bin jren Eyden. was der Fal wert syg. Und was dieselben erkennen und sprechen. Da soil ein Herr sich des drytten Pfenings benügen unnd die zwen teyl us gnaden des abgestorbnen Erben lassen.
[4.] Zum vyerdten: Als die Landtlüt der Graveschafft Toggenburg Thusent Guldi uff ernempten Kouff geben unnd jnen noch Fünffhundert usligend unnd begert, das unser gnediger Her von Sant Gallen sy darum entrichte. Zuo dem als sy wytter vermeint, Der vorgemacht anstand söll in krefften bliben bis uf Bartholomei, ob glich sy schon disern annemen wurdent, hinwider unser gnediger Her von Sain Gallen meint, So der Vertrag angenomen, so söllent alsdan die Toggenburger sinen Gnaden schwerren und hulden und die Regieren lassen und vorgemachter anstand fürdanhin nüt gelten. Zuo dem habent die Graffschaffier sinen Fürstl. Gn. ein summ der Restanz zeigt, syge us derselbigen vill abgangen, Vermeinende billich die Toggenburger erfüllind jm ouch die summ. Und zuo hinlegung des spans habent Wir Uns erkent: So diser bricht angenommen, so söllend die Toggenburger unserm gnedigen Herren von Sant Gallen hulden unnd der vorgemacht anstand in krefften bliben bis ulf Sani Bartholomeus tag. diserem aber one schaden. Unnd fürer unser gnediger Herr von Sant Gallen den Toggenburgern um die Fünfhundert Guldi nützit schuldig sin. Hinwiderum die Toggenburger Herrn von Sant Gallen um die abgangnen Restanz nützit zuoanthwurten noch auch zuoersct.zen schuldig sin.
[5.] Zum fünften: Soll auch unser gnediger Her von Sant Gallen die Gütter, so one gunst wüssen und willen siner Fürstlich Gnaden oder der Amptlüten verkouft sind, gwalt han, die zuolösen, wenn und zuo welcher zit das in siner Gnaden vermögen ist. Aber die Gütter, so uff ettlich jarzal verlichen von siner Fürstlich Gnaden oder dero Amptlüt, söllent in der Lechenschafft bliben bis zuo end der Jaren, darnach sol unnd mag unser gnediger Herr von Sant Gallen die aber lösen one mengklichs absin. Ob dann ettlich Personen möchten darbringen durch Brieff unnd Sigel oder durch Byderwlüt, das die gütter von unserm gnedigen Herren von Sant Gallen oder dem Gnaden Amptlüt vereignet und verkoufft werind, daby soli unnd lassent wirs aldan bliben.
[6.] Zum sechsten: So soll unser gnediger Herr von Sant Gallen und siner Gnaden Convent die Byderwbenlüt in Toggenburg. Hinwider die Toggenburger unsern gnedigen Herren von Sani Gallen und siner Fürstlich Gnaden Convent, yeder teyl den andern, by siner Herlikeit, Fryheytten, recht unnd gerechtikeytten, alt harkomen, Urbar, Brief und Syglen, Urteillen, Sprüch und Verträgen wie yeder teyll die (usserhalb disers Vertrags) genzlich beliben lassen one wytter intrag und verhinderung. Und söllend all Brief, Sprüch und Verträg des obangeregten koufs halber ufgericht und ussgangen unnütz sin und von beden teyllen hinus gegeben werden und allein dieser Vertrag in krefften beliben.
[7.] Zum sybenden: Alsdann die Vier Ortt denen Byderwbenlütten der Grave schafft Toggenburg vergangnen Kriegs geschriben, Das sy sich mit unsern gethrüwen lieben Eydtgnossen von Schwitz befridint. So sollend die Toggenburger yetz im friden beschlossen sin unnd by demselbigen bliben gegen unseren gethrüwen Eydtgnossen von den uberigen Vyer Ortten on einichen abbruch und mangel wie unser Eydtgnossen von Schwitz mit jnen den abgeret und beschlossen hand.
[8.] Und für das letst: So sol nun hiemit aller zwytracht. nid, hass und aller unwil zuo beder syt uffgehept, hin, tod unnd absin. Und hiemit unser gnediger Herr von Sant Gallen und siner Fürstlich Gnaden Convent gegen Toggenburgern, Dawider die Toggenburger gegen unserm gnedigen Herren unnd siner Gnaden Convent um diss spenn gentzlich betragen, versönt und vereint sin.
Unnd so wir obgenanters Schidbotten söllich Artickel unnd mittel von unserem gnedigen Herren von Sant Gallen unnd siner Fürstlichen Gnaden Convent ersilich angenomen, Und yetz hievor letstgehapter Jarrechnig zuo Baden die Frommen Landtlüt uss der Graffschafft Toggenburg die ouch angenommen und zuogesagt, verstendiget sind, habend Wir zuo Urkund all und yelicher insunders sin eigen Jnsigel an disen brieff (dern zwen glich luttende gemacht und yederm teyl einer geben) gehenckt, Doch Uns allen und allen unsern Erben one schaden.
Wir Abbt Diethelmus, Dechant und Convent vylgenemptz Gotzhus Sant Gallen Bekennend und thund offentlich an disem Brieff vergechen, Das wir um frid, sun, ruw unnd einikeyt willen disere oberzelten mittel unnd gstelten Artickel angenommen und die gegen unseren lieben und Biderwben Landtlütten der Graveschafft Toggenburg wol unnd redlich halten wellen: Des zuo merer sicherheit. So haben wir Diethelmus unser Aptlich unnd wir Dechant und Convent unser gemeinen Convents Jnsigel hieran gehenckt, Doch usserhalb des Vertrags allen unsern Fryheitten, recht unnd gerechtikeitten, alt harkomen Brieff unnd Sigel on allen schaden.
Unnd wir der Landtsrat unnd gemein Landtlüt dickgenantter Graveschafft Toggenburg Beckennen ouch offentlich mit disem Brieff, die oberzelen Artickel und gstelten mittel gegen unserem gnedigen Herren von Sant Gallen unnd siner Fürstlich Gnaden Convent trülig und stet zuhalten, zugesagt. Hierin Uns vorbehalten das Landtrecht, so wir mit beden Lendern Schwitz unnd Glarus habent, Dessglichen unsere Landtrechte, Landseyde, Fryheitt, Brieff unnd Sigel. brüch, gewonheiten, alt harkomen unnd unsere rechte. Dess zuo warem unnd stättem Urkund, so habend wir ouch unsers gemeinen Lands Jnsigel letst hienach gehenckt.
Geben uff Donstag nach Sant Margrethen tag. Als man zalt von unsers lieben Herren Jhesu Cristi gepurt Thusent Fünffhundert Dryssig unnd Acht Jare. [18. Juli 1538]