Ein politischer Mord im Toggenburg und seine Sühne - Seite 25

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mögens wurde ihnen die Vorlegung Vermögensausweise und Aufschriebe anbefohlen.

        Zwei letzte Beklagte, nämlich Urban Bolt und Heinrich Holtzmann, wurden wiederum ledig gelassen, unter dem Versprechen, daß sie inskünftig als treue und gehorsame Untertanen sich erweisen wollen; für ihr Verfehlen aber solle 200 Reichstaler zu gebührender Strafe erlegen.

*   *   *

        Von den begnadigten Verurteilten sollte freilich einer, nämlich Hans Wicklin der gewährten Gnade bezw. der Aufhebung des Todesurteils sich nicht erfreuen können. Im Verlaufe des Mordprozesses hatte sich nämlich erwiesen, daß der Genannte sich mit schwersten Sittlichkeitsverbrechen belastet hatte. Auf diesfällige Auflage vor dem Landgericht ließ er antworten: Er könne leider nicht in Abrede stellen, daß er solche Sünden und Laster begangen, was ihm aber von Herzen leid sei. Was die vorgehaltene Blutschande anbelange, wäre es „in füllery“ (Trunkenheit) geschehen und so habe er nicht gewußt, was er tue. Er bäte deshalb untertänig zum Allerhöchsten und um Gotteswillen, man wolle in Betracht ziehen seine erlittene lange Gefangenschaft und sein hohes Alter. Er bitte demnach um Gnade, wolle sich fürderhin vor solchen Lastern und Sünden hüten und ein frommes und ehrbares Leben führen, daß die Obrigkeit seiner Besserung inne werde.

        Daraufhin ließen Ammann Müllistein als Beistand der Frau des Hans Wicklin sowie drei weitere Befreundete namens der ganzen Verwandtschaft ein ausführliches Fürsprachegesuch einlegen in dem Sinne, man möchte am heutigen Tage nach Graden mit ihm handeln und ihm das Leben fristen. Sie die Fürsprecher, seien erbötig, den Beklagten so zu versorgen, daß er niemanden mehr ein Leid antun, noch sonst etwas in den Weg legen könne.

        Ueber die geschehene Anklage und eingelegte Fürsprache wurden vom Landgericht des längeren beraten und daraufhin (unter oben angeführten Formeln) erneut das Todesurteil über ihn ausgesprochen. Aus besonderer Gnade aber solle wegen seines hohen Alters und um der Verwandtschaft willen sein Leichnam im Friedhof begraben werden. Wenn dies vollzogen wäre, so solle dem Rechte ein Genüge geschehen sein. —

        Obzwar nicht eigentlich zu unserem Gegenstande gehörend, schließen wir der Merkwürdigkeit halber auch das über Hans Wicklins Mitschuldige, Anna Diezendanner, ergangene Urteil an. Die gegen die Genannte vorgebrachte Klage schloß mit dem Antrag des Amtsklägers: Sie solle vom Leben zum Tode hingerichtet werden oder was sonst ein ehrsames Landgericht für billig und recht erkennen würde. Anna Diezendanner ließ darauf antworten: Sie sei die Anklage kanntlich und es sei ihre Missetat ihr von Herzen leid. Wicklin habe sie aber genötigt und „zwengt“ und sie als arme, kranke und übelmögende Frau habe ihn nicht abwehren können. Sie bäte aber um lauten Gotteswillen um Gnade und ein gnädiges Urteil und wolle sich fürderhin solch schändlicher Laster und Sünden „müessigen“.

        Darauf wurde nach getanem Rechtsatz mit einhelligem Urteil zu Recht erkannt und gesprochen:

        Daß sie dem Nachrichter solle übergeben werden, der sie an den Pranger stellen und dort während einer halben und einer ganzen Stunde stehen lassen

 

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