Ein politischer Mord im Toggenburg und seine Sühne - Seite 28

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genden Jahr, 1630, durch gemeinsamen Beschluß von Abt und Kapitel zu St. Gallen dem Kloster Neu St. Johann, das an Stelle des abgebrannten Klosters Alt St. Johann erbaut worden, zugewiesen und hierüber eine öffentliche Urkunde in Form einer Denkschrift aufgesetzt.

        So hatte nun diese politische Mordangelegenheit mitsamt dem angeschlossenen großen Kriminalprozeß ihr Ende gefunden und war damit als warnendes Beispiel in die Geschichte der st. gallischen Lande und des Toggenburgs im besonderen hineingestellt. Die ganze Sache war selbstverständlich nicht geeignet, ein besseres Sichverstehen zwischen dem Oberherrn, dem Stift St. Gallen, und dem andersgläubigen Teil der „Neuen Landschaft“ anzubahnen, bei dem daselbst seit Tagen der Glaubensspaltung zutage getretenen Mißtrauen. Reibungen und Anstände lösten einander weiterhin in fast ununterbrochener Folge ab und verdichteten sich wie bekannt zu Beginn des 18. Jahrhunderts sogar zum blutigen Toggenburgerkrieg. Auch nach dessen Beendigung gab es keinen wahren inneren Frieden — am ehesten noch unter den Fürstäbten Cölestin II. und Beda — und das dauerte so fort bis zum Ende der stiftischen Herrschaft zu Anfang des 19. Jahrhundert. So schrieb noch der letzte äbtische Landvogt im Toggenburg, Karl Müller-Friedberg, der sonst der Landschaft sehr gewogen war: Es gelte immer noch als ein sehr schweres Stück Arbeit, das Toggenburg zu regieren. In der Folge zog er dann bekanntlich selber den Schlußstrich unter die Rechnung und legte den 1. Februar 1798 sein landvögtliches Mandat in die Hände des Toggenburgervolkes zurück. Zurück? Nein, nicht zurück, denn er hatte es nicht empfangen aus der Hand des Volkes. —

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Wir kommen zum Schluß nochmals zurück auf diejenige Persönlichkeit, die im Mittelpunkt der behandelten Angelegenheit steht, auf Hofammann Hans Ledergerw. Der ganze Sachverlauf zeigt diese seine Persönlichkeit durchaus nicht in dem ungünstigen Gewande, mit dem Übelwollen und Parteiurteil sie umkleiden wollte. „Herr Hansen sei ihnen ein lieber Mann gewesen,“ hatten ja die Ammänner des Thurtales öffentlich bezeugt. Zumal sein privates Wirken war dasjenige eines aufrechten, tiefreligiösen Mannes. Dem Kloster St. Johan an der Stätte seiner Wirksamkeit erwies er sich als treuer Freund und hochherziger Gönner und erzeigte dies durch seine Schenkungen zu liturgischen Zwecken. Deshalb und besonders weil er um des Klosters willen sein Leben verloren, wurde er mit allgemeiner Zustimmung der Konventualen den großen Wohltätern des Stiftes zugezählt und sein Name in dessen Totenbuch eingereiht. Ja der Verfasser der lateinischen Handschrift, der wir unsere obigen Ausführungen über die Tatumstände des Mordes entnommen, bemerkt zum Schlusse seines Berichtes: „Einer unserer Konventualen, der sich bei uns des größten Ansehens erfreut (vermutlich der gelehrte Kanonist und Chronikschreiber Jost Mezler, Statthalter im „Hof“ zu Wil) schätzte den Heldenmut des Hauptmanns, den dieser besonders in seiner Todesnot dadurch bewies, daß er seinen Mördern von Herzen verzieh, so sehr, daß er den Ausspruch tat: Wenn dieser in solcher Weise des Hinscheidens und für eine solche Sache, nämlich in Verteidigung der Gerechtigkeit, in Italien den Tod erlitten hätte, so wäre sein Name auf Veranlassung des Römischen und Apostolischen Stuhles in das Verzeichnis der

 

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