Ein politischer Mord im Toggenburg und seine Sühne. - Seite 4
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I.
Die Fürstabtei St. Gallen und ihre Untertanen-Landschaft Toggenburg.
Im Jahre 1468 hatte Freiherr Petermann von Raron die Grafschaft Toggenburg, die bekanntermaßen seinem Geschlechte als Erbe vom letzten Grafen zugefallen war, mit hoher und niederer Gerichtsbarkeit, mit Besten, Land und Leuten und allen weiteren Zugehörden um die Summe von 14,500 Gld. dem Abte Ulrich VIII. (Rösch) zu des Klosters St. Gallen Handen verkauft. Auf der Veste Lütisburg war der Verkaufsakt vor sich gegangen. Die neue Erwerbung bot einen Ersatz für den zuvor umsonst versuchten Kauf der Landschaft Rheintal durch den genannten, staatsmännisch denkenden Abt. Der nunmehrige Besitz des Toggenburg war umso höher einzuschätzen, als ohnehin schon seit langer Zeit manche dortige Besitzungen, Einkünfte, geistliche und weltliche Rechtsame dem Kloster zustanden, die nun durch die erworbene Landesherrlichkeit erst zu ihrem vollen Werte und ihrer ganzen Bedeutung kommen konnten. Auf der andern Seite aber ist zu sagen, daß mit dem neuen Gebiete, in einigem Gegensatze zu der Alten Landschaft, der stiftischen Regierung ein Element der Unruhe und daher der ständigen Sorge zugewachsen war, ein Umstand, der den tatsächlichen Wert es Toggenburg für die Abtei St. Gallen in starkem Maße verminderte.
Woher kamen aber die Gegensätze, die wir vom Beginn bis zum Ende der äbtischen Landesherrlichkeit über das Toggenburg sich auswirken sehen? Gleich von Anfang an mag es dem letzteren nicht gelegen gewesen sein, daß sein Landesherr nun nicht mehr, wie die früheren Freiherren und Grafen, in seiner Mitte residierte, vielmehr an seiner Stelle Landvögte die Regierung führen sollten. Die Zugabe Abt Ulrichs, daß diese Vögte jeweils toggenburgische Landeskinder sein würden, mag die gehegten Befürchtungen in etwas vermindert haben; in vermehrten Maße tat dies noch die Bereitwilligkeit des Abtes zur Erneuerung des alten toggenburgischen Landrechtes mit den Ständen Schwyz und Glarus. Dieses Landrecht seinerseits war freilich für den Abt wieder ein zweischneidiges Schwert, das es ihm in gewissen Fällen wohl eine festere Stellungnahme seinen Untertanen gegenüber ermöglichte, in anderen Fällen jedoch wieder starke Hemmnisse schuf, wie die Folgezeit zur Genüge beweist.
Mit scheelen Augen sahen die Toggenburger des weiteren mit an, wie es der zugreifenden Hand Abt Ulrichs gelang, zur erlangten Landesherrlichkeit auch die Schirmherrschaft über das Kloster St. Johann mit allen bezüglichen Hoheitsrechten, nebst einer ganzen Reihe weiterer Vogtei- und Gerichtsbefugnisse in den oberen und unteren Landesteilen, an sich zu bringen. Ihr Unmut über die neugeschaffenen Verhältnisse machte sich erstmals Luft im Jahre 1488, indem sie es von sich wiesen, einem Angebot Abt Ulrichs, als Zuzug zum Reichsheere Kaiser Friedrichs III. zu stoßen, Folge zu leisten, während sie noch im Jahre 1474 zu Beginn des Burgunderkrieges ohne Widerstreben mit ins Feld gezogen waren. Dieses Widerstreben vom Jahre 1488 vermochte auch Schwyz nicht zu beseitigen.
Die Verhältnisse besserten sich in etwas, als nach dem Ableben Abt Ulrichs, des verhaßten „Schwaben“, im Jahre 1491 Gotthard Giel