Ein politischer Mord im Toggenburg und seine Sühne. - Seite 5

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von Glattburg, den äbtischen Stuhl von St. Gallen bestieg, der die Toggenburger tatsächlich im vollen Genusse ihrer Landesfreiheiten beließ. Ihr Dank kam zum Ausdruck dadurch, daß sie ohne Widerstreben mit der übrigen äbtischen Mannschaft auf eidgenössischer Seite an den letzten Aktionen des Schwabenkrieges teilnahmen.

        Das gute Einvernehmen machte leider wieder einer gegenteiligen Stimmung Platz unter dem nachfolgenden Fürstabt Franz von Gaisberg. Schon der feierliche Huldigungsakt an den neuen Landesherrn im Jahre 1504 zu Wattwil kam nur unter Schwierigkeiten zustande, und bald glaubten die toggenburgischen Landleute Grund zu haben zu klagen über allzu schroffe Ausübung hoheitlicher Rechte durch den Landvogt zu Lichtensteig.

        Was alles aber bisher in solcher Weise an Anstößen und Unstimmigkeiten sich ergeben, war nur das Vorspiel dessen, was die nun einsetzende Periode der sogenannten Reformation an schwierigen und gefährlichen Situationen bringen sollte. Schon der Umstand, daß der Urheber der Glaubenserneuerung in der Schweiz, Zwingli, ihr engerer Landsmann aus einem nicht unbedeutenden obertoggenburgischen Geschlechte war, ließ die Leute des Thurtales von Anfang an mit seinen Ideen und Zielen sympathisieren, und erst als er den „Kutten“ (wie er die Mönche nannte) die Berechtigung absprach zur Ausübung eines Herrschaftsrechtes überhaupt, erfaßten sie es sogleich, daß die Annahme seiner Neuerung für sie selber die Möglichkeit bedeuten könnte, aus äbtischen Untertanen freie Landleute zu werden, wie es hundert Jahre zuvor ihre appenzellischen Nachbarn geworden waren. Als dann wirklich auf persönliche Aufforderung Zwinglis der toggenburgische Landrat im Jahre 1524 den geistlichen gebot, ihre Predigten nur auf das „reine Evangelium“ zu gründen und von sich aus an der Stelle der Priester Prädikanten einsetze, der Abt aber selbstverständlich diesen Vorsatz Zwinglis mit aller Kraft entgegentrat und mit Strafen einschritt, fanden die Toggenburger, insgeheim wohl bereits von Zürich unterstützt, den Mut zu dem kühnen Vorschlage an den Abt, der möge ihnen die Landesherrlichkeit um die nämlich Summe, wie das Stift sie im Jahre 1468 erworben, auslösungsweise wieder abtreten. Es war klar, daß ein Eintreten auf dieses Begehren zugleich auch den Uebergang des gesamten Toggenburg an die Reformation bedeutet hätte. Sowohl das eine wie das andere abzuwenden wäre dem Abte bezw. dem Stifte St. Gallen allein nicht möglich gewesen, angesichts der allgemein-schweizerischen Verhältnisse von damals; glücklicherweise stand ihm aber der Stand Schwyz, der ja nicht nur einer seiner vier Schirmorte war, sondern auch durch das Landrechtsbündnis mit Toggenburg ein gewichtiges Wort zu dessen Rechtsverhältnissen mitzusprechen hatte, in seinen Erhaltungsbestrebungen kräftig zur Seite, und unterließ auch nicht, die übrigen eidgenössischen Orte für die Rechte des Abtes ins Interesse zu ziehen. Es kam darüber, da die aufrührerische Landschaft inzwischen in fast allen Gemeinden, und manchenorts unter gewaltsamer Ausräumung der Kirchen, die neue Lehre angenommen hatte, im Jahre 1528 zu kriegerischen Rüstungen zwischen den katholischen Orten einerseits und Zürich andererseits. So stand eines ersten Kappelerkrieges, ein erster Toggenburgerkrieg vor der Türe, aber noch gelang es der Vermittlung einiger anderer Stände, den Ausbruch der

 

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