Ein politischer Mord im Toggenburg und seine Sühne. - Seite 17

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zu entziehen. Es wurde die Verfolgung aufgenommen und endlich sein Aufenthalt zu Glarus festgestellt. St. Gallen wandte sich nun an diesen Stand um Rechtsbeihilfe bezw. um Auslieferung des Gesuchten. Als dann der toggenburgische Landweibel mit einem schriftlichen Auslieferungsbegehren in Glarus erschien, verweigerte jedoch der dortige Landammann Daniel Bussy die Entgegennahme und Oeffnung des Schreibens und gab auch dem glarnerischen Vogt zu Weesen Weisung, bei der Suche nach Hausegger jegliche Mithilfe zu versagen. Auch der Stand Zürich scheint mit diesen Praktiken einverstanden gewesen zu sein. Der Fürstabt behielt sich vor, diese Handlungsweise der beiden Stände an der allgemeinen Tagsatzung zur Sprache zu bringen. Jene Stellungnahme des Glarner Landammanns gegen St. Gallen erscheint umso verwunderlicher, da Bussy aus altem katholischem Glarnergeschlechte stammte und er zudem der Oheim des damaligen St. Galler Statthalters Pater Rotker Bussy war. Der Landammann starb noch im nämlichen Jahr 1629, kurz nach der Hinrichtung der Mörder Ledergerws.

        Die ganze Angelegenheit hatte übrigens in der gesamten Eidgenossenschaft Aufheben gemacht, um so mehr, da sie zeitlich fast zusammenfiel mit den bekannten politischen Morden in Graubünden, möglicherweise durch diese einigermaßen angeregt worden war. —

        Aus dem Untersuch hatte sich zur Evidenz ergeben, daß im Anschluß an die verweigerte Waffenmusterung der Mordgedanke immer bestimmtere Gestalt angenommen. Bei vielfachen Zusammenkünften jüngerer und älterer Männer in den Behausungen der Ammänner und selbst an Gemeindeversammlungen im Gotteshause wurde von Mordplänen gegen Hauptmann Ledergerw und den Mitteln dazu geredet. Am rabiatesten gebärdete sich diesfalls der Wundarzt Andreas Edelmann von Neßlau, der aus seiner eigenen Mordabsicht kein Hehl machte und mehreren andern Geldbeträge anbot, wenn sie die Tat vollbringen würden. So wurde denn die Mord-Mentalität sozusagen mit allen Mitteln gezüchtet und hochgepeitscht. „Die ganze Landschaft sei wider den Hauptmann vergifft“ heißt es an einer Stelle. Aus solch allgemeiner Stimmung heraus und weil sie immer wieder hören konnten, daß sie damit kein Unrecht täten, nahm der Entschluß bei den eigentlichen Tätern, meist jüngeren Männern, feste Gestalt an, sodaß sie sich schließlich zusammen verschworen zu der Missetat und dieselbe bei günstiger Gelegenheit zur Ausführung brachten. Als moralischer Urheber aber ist ohne Zweifel an erster Stelle der genannte Wundarzt Edelmann anzusehen, nicht zuletzt auch durch sein beständiges der Tatsächlichkeit entbehrendes Vorgeben: es lägen Brief und Siegel zu Lichtensteig, daß der Fürstabt ihnen nur einen eigenen Landsmann (Toggenburger) als Hofammann und Schreiber im Thurtal setzen dürfe. Den Schuldenanteil der Einzelnen werden wir später, bei der Darlegung der Endurteile, kennen lernen.

        Zur Erzielung der Geständnisse, denen meist ein hartnäckiges Leugnen von Seite der Angeschuldigten vorausgegangen, griff man zu einem forensischen Hilfsmittel, das heute freilich als barbarisch bezeichnet wird, in damaliger Zeit aber allgemein gebräuchlich war, nämlich zur „peinlichen Frage“ oder Folter. Maß und Norm für ihre Anwendung gab die „Peinliche Halsgerichtsordnung“ Kaiser Karls V. Diese bestimmte genau

 

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